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Josef Wagner


Lena, Maria und Josef Wagner


ZUR PERSON: Luitwin Bies
ist stellvertretender Vorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten. Von 1956 bis 1974 war er als Mitglied der KP (Kommunistischen Partei) Abgeordneter im Völklinger Stadtrat. Er ist Leiter des Arbeitskreises Stadtgeschichte an der Volkshochschule in Völklingen. Die Ausstellung über Josef Wagner hat er konzipiert und zusammengestellt. gräb
Ich sterbe ruhig und mutig

Pressebericht über die Ausstellung des saarländischen Widerstandskämpfers Josef Wagner bei der Peter Imandt Gesellschaft / Rosa Luxemburg Stiftung-Saarland

Quelle: Saarbrücker Zeitung, 11. Oktober 2008

Josef Wagner war ein saarländischer Bergmann, der für seinen Widerstand gegen das Nazi-Regime hingerichtet wurde. Der Völklinger Historiker Luitwin Bies hat sich auf die Suche nach Zeugnissen gemacht. Von SZ-Mitarbeiter Dieter Gräbner

Saarbrücken. Es sind Dokumente der Unmenschlichkeit und des Entsetzens, die derzeit in einer Ausstellung in Saarbrücken gezeigt werden: Es geht um den saarländischen Bergmann Josef Wagner, der am 1. September 1943, also vor nunmehr 65 Jahren, in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurde. Sein Verbrechen? Er war Mitglied der KPD und verteilte von Frankreich aus illegale Flugblätter gegen die Nazis. Vom 1. Senat des Volksgerichtshofes wurde er dafür am 21. April 1943 (Az.: 6 J 27/1 H 18/43) in Berlin zum Tode verurteilt. Im Urteil heißt es, Wagner hätte „als höherer kommunistischer Funktionär vom sicheren Hinterhalt des Auslands den Hochverrat gegen das Reich organisatorisch und agitatorisch vorbereitet“.
Am 1. September 1943 um 13 Uhr wird Josef Wagner in der Haftanstalt Berlin-Plötzensee von Staatsanwalt Jaager mitgeteilt, dass er um 18 Uhr hingerichtet werde. Er darf noch zwei Briefe schreiben: an seine Frau Lena und Tochter Maria und an seine Mutter und Geschwister. Er schreibt: „Nun ist es soweit, dass ich von Euch Abschied nehme für immer. Macht Euch aber keinen Kummer und keine Sorgen. Ich sterbe ruhig und mutig.“


Über die Vollstreckung des Urteils wurde Protokoll geführt: „Um 18.00 Uhr wurde der Verurteilte, die Hände auf dem Rücken gefesselt, durch zwei Gefängnisbeamte vorgeführt (...). Der Verurteilte, der ruhig und gefasst war, ließ sich ohne Widerstreben auf das Fallbeilgestell legen, worauf der Scharfrichter die Enthauptung mit dem Fallbeil ausführte und sodann meldete, dass das Urteil vollstreckt sei. Die Vollstreckung dauerte von der Vorführung bis zur Vollzugsmeldung 9 Sekunden."


Das Todesurteil

Wer war Josef Wagner? Der Historiker Dr. Luitwin Bies hat viele Jahre Dokumente gesammelt und Zeitzeugen befragt, so auch die Ehefrau und die in Südfrankreich lebende Tochter Lena. „Er war ein Mann mit Mut und Entschlossenheit. Er kämpfte gegen Unterdrückung und Naziterror. In Merzig, wo ihn viele Leute kannten, sprach man mit großer Hochachtung von ihm", sagt Bies.

Josef Wagner wurde am 5. Juni 1897 in Lockweiler geboren. Er stammt aus einer Familie mit 14 Kindern. Im Ersten Weltkrieg wurde er noch Soldat, arbeitete dann als Bergmann. 1923 heiratet er seine Lena, im gleichen Jahr wird Tochter Maria geboren. Sie ist das einzige Kind. Noch im selben Jahr organisiert er sich in der, „Roten Hilfe“, und seit 1924 ist er eingeschriebenes Mitglied der KPD, der Kommunistischen Partei Deutschlands, und Abgeordneter in kommunalpolitischen Gremien wie im Gemeinderat Lockweiler und im Kreistag in Wadern. Zudem war er Mitglied der Bezirksleitung der KPD, Bezirk Saar-Nahe. Bergmann damals in den 20er und 30er Jahren – das war ein Knochenjob mit miserablen Arbeitsbedingungen und 50-Stunden-Woche. „Es ging ihm aber nicht nur um soziale Gerechtigkeit“, sagt Bies: „Es ging ihm darum, die Bevölkerung an der Saar über das verbrecherische Regime der Nazis aufzuklären, zu warnen vor dem Kriegskurs, vor Rassismus und Antisemitismus und die Nachrichtenblockade durch die gleichgeschaltete Presse und den Rundfunk zu durchbrechen.“ Wagner besucht Kurse der KPD, auch die Rosa Luxemburg-Schule in Berlin. Als Adolf Hitler 1933 Reichskanzler wird, flieht er ins damals noch unter Völkerbundverwaltung stehende Saarland. Er verfasst und organisiert die Verteilung von Flugblättern über die Saar-Grenze ins Deutsche Reich, die zum Widerstand aufriefen. Nach der Saar-Abstimmung 1935 mit dem Ergebnis „Heim ins Reich“ flieht er nach Frankreich, von 1936 bis 1939 lebt er mit seiner Familie in Kleinrosseln und Forbach. Bies hat Belege dafür gefunden, dass „Josef Wagner die ganzen Jahre im Fadenkreuz der Gestapo war. Der ehemalige Bergarbeitersekretär Johann Bernading war Gestapo-V-Mann. Er bespitzelte Wagner und seine Genossen, lieferte Informationen über Personen, Berichte über Unterredungen und Veranstaltungen und lieferte der Gestapo Flugblätter und Zeitungen, die auf illegalen Wegen über die Grenze ins Saarland kamen. Wagner war schon bei Kriegsbeginn von den Franzosen unter der Vichy-Regierung interniert worden. Als die Wehrmacht 1940 Frankreich überrannte, suchte man nach ihm. 1941 wurde er inhaftiert. Luitwin Bies: „Am 30.Juni 1942 war er dann in den Klauen der Saarbrücker Gestapo. 14 Monate später wurde er hingerichtet.“

Ausstellung 1. bis 30. September 2008
Josef Wagner und Genossen
Peter-Imandt-Gesellschaft, Futterstraße 17-19,
66111 Saarbrücken.